Texte

Barbara Back – Objekte

  Barbara Leicht M.A.
  Leitung Amt für Kultur
  Stadt Neumarkt i.d.OPf.
  August 2020

Naturweißer, dicker, gerauter, weicher Stoff – gefaltet, gestülpt, geschlungen, mit der Hand genäht. Für ihre Objekte benötigt Barbara Back nur wenige Mittel und konzentriert sich auf das Wesentliche ihrer Formsprache. Sie verwendet unbehandelten Baumwollmolton und legt auf Natürlichkeit und Unverfälschtheit des Materials größten Wert.

Überzeugend durch ihre Schlichtheit, bannen die Objekte den Blick und zeigen sich sowohl als geschlossene wie auch als offene Räume. In der Körperlichkeit des Materials, der Beschaffenheit der Oberflächen und den Schattenwürfen der Reihungen, Faltungen und Überlappungen verdeutlicht sich Barbara Backs künstlerische Position und authentische Handschrift. Durch rein monochrome Farbgebung entwickelt sie ausdrucksstarke Arbeiten mit intensiver Präsenz im Raum.

Ihre Intention ist es, Stille in diesen Werken sichtbar zu machen und eine kontemplative Betrachtung zu ermöglichen.

Manche zeigen im materialspezifischen Rhythmus zufällig beim Stauchen des Stoffs entstandene Falten, bei manchen mag sich der weiche Molton wohl um eine imaginäre Form schmiegen und entfaltet dabei Plastizität und Räumlichkeit.

Unweigerlich erinnert das Material der künstlerisch-intuitiv genähten Objekte an Formen aus der christlichen Tradition. Dort spielt gerade das Motiv der Gewandfalte in der Gestaltung von Altargemälden und sakraler Plastik eine bedeutende Rolle. Es ist ein omnipräsentes Motiv der europäischen Kunst, das u.a. in Chorhemden, Velen, Gewändern von Heiligen, dem Grabtuch Christi oder Altartüchern erscheint.

All dessen ist sich Back bewusst und beschreitet mit ihren Werken einen eigenen Weg spiritueller Anmutung. Im Wissen um die Konsistenz des Moltons lösen die Objekte Erinnerungen des Tastsinns aus, die tief in unserem Unterbewusstsein schlummern. Barbara Back appelliert an unseren Erfahrungsschatz und setzt mit ihren Arbeiten einen Gegenpol gegen den flüchtigen Blick und die schnelllebige Zeit.

Mit zurückhaltenden Objekten streift sie unsere Emotionen und bietet uns einen Schutzraum an, den wir sinnlich und zugleich geistig erfahren können. Ihre ästhetischen Arbeiten ermöglichen dem Betrachter, sich in einen Raum der inneren Ruhe zu bewegen.

Molton Objekte

Seit Anfang des Jahres 2014 arbeite ich mit einem für mich neuen Material, einem dickeren Molton aus reiner Baumwolle, der auf beiden Seiten aufgeraut ist. Ein funktionaler, unveredelter, natürlicher und ungefärbter Stoff, der hergestellt wird, um Schall, Licht und Flüssigkeit aufzunehmen und zu schützen, zu isolieren und zu wärmen.

Aus diesem beschützenden Material entwickle ich Räume, Gedankenräume, die zum Verweilen einladen.

Räume, die die Zeit halten, damit sie nicht fortgerissen wird im Sog der Beschleunigung, Räume, die den Gedanken Zeit geben zu bleiben und nicht zu Fragmenten zerfallen, durch zahllose, richtungslos beschleunigte Prozesse.
Das Formen des Stoffes ist für mich wie eine sinnliche und geistige Umarmung, ein bewahrendes und schützendes Moment. 

Es geht mir dabei nicht um die Darstellung eines Gegenstandes, sondern um das Sichbewegen im geistigen Bereich, um ein spirituelles Moment.

Das Material ist selbstreferentiell und wird nicht künstlich verformt. Die Räume bilden sich durch seine spezifische Stofflichkeit und Eigenstabilität, dadurch entsteht ein Wechselspiel aus Stabilität und Verformbarkeit.

Die Materialfarbe ist sehr zurückhaltend, der entstandene Raum wird so nicht vom Farbraum dominiert. Es entfalten sich offene und geschlossene Räume als ein- oder mehrteilige Objekte. Sie sind von Schlichtheit, Stille und Einfachheit geprägt.

Molton objects

Since the beginning of 2014, I’m working with a material which is quite new for me. It’s a functional, unrefined, natural and uncolored fabric. In fact, it is made to protect, to isolate, to absorb sound, light and liquids, and to warm.

It is a thicker molleton made of pure cotton wool, that is roughened on both sides.

Out of this protective material, I develop mind spaces that invite you to stay. Spaces, that keep the time, so that it won’t be torn into the suction of hastening.
To allow the thoughts some extra time to stay and not to disintegrate into fragments because of countless, directionless accelerated processes.

The forming of the fabric is to me like a sensual and mental embracement, a conservative and protective moment.

The material is self-referential and won’t be deformed in an artificial way. The spaces are built of its specific consistency and inherent stability.
An interplay between stability and malleability arises.
The color of the material is quite restrained, the space isn’t dominated by a color space.

Opened and closed spaces have been formed; as single or segmented objects.
They are characterized by unostentatiousness, silence and simplicity.

It’s not my intention to depict an item; it’s rather a mental movement, a spiritual moment.

Drahtobjekte

Im Jahr 2013 entwickelte ich Objekte aus Draht und Seide, farblos und transparent. Es entstanden leere Räume, die durch die Materialien sehr fragil, sinnlich und wertig wirken.

Ich habe das Bedürfnis Räume zu erschaffen, Binnenräume des Denkens, Räume, die Imaginationen erwecken und zum eigenen Sehen anregen.
Leere Räume um zur Ruhe zu kommen, zu entschleunigen, Stimmungen ausschwingen zu lassen und sich zu spüren, Sehnsüchte und Hoffnungen, eigene innere Wahrheiten.

Durch Farblosigkeit und Transparenz kann so etwas wie ein Spiegel entstehen. Ein Raum, in dem innere Bilder größer und klarer werden können.
Die gebildeten Räume thematisieren durch ihre Fragilität und Poesie auch ihren Entstehungsprozess.

Es geht mir nicht um die Darstellung eines Gegenstandes, sondern um eine Bewegung im geistigen Bereich, um ein spirituelles Moment.

Wire objects

In 2013, I generated objects of wire and silk, achromatic and transparent. Empty spaces arised – they seem very fragile, sensuous and valuable due to the materials.

I feel the urge to create spaces, mind spaces. Spaces to inspire imaginations and to encourage the own vision. Empty spaces to get some peace of mind, to decelerate, to fade away several moods and to feel oneself, desires and hopes, personal intrinsic truths.

Something like a mirror is able to arise due to colourlessness and transparency. A space in which interior images can grow and get clearer. The shaped spaces pick out their process of origination as a central theme by their fragility and poetry.

It´s not my intention to depict an item; it´s rather a mental movement, a spiritual moment.

Holzschnitte

„Wie innen, so außen; wie außen, so innen“ Gesetz der Entsprechung

Vielleicht ist es nach diesem Gesetz möglich, Freude, Liebe und Leichtigkeit in unsere Welt zu bringen, wenn ich in glücklichem Zustand Bilder oder Linien zeichne, die ich mit geschlossenen Augen sehen kann.
Dieser Gedanke lässt mich nicht mehr los.

2019 begann ich regelmäßig abends, vor dem Schlafengehen, im Dunkeln intuitiv zu zeichnen. Ich sah Linien, die sich ständig veränderten, spürte aber sehr genau, welche ich zu zeichnen hatte und empfand dabei eine tiefe Freude und Glückseligkeit.

Es entstanden zauberhafte Zeichnungen mit Bleistift auf Papier. Nach einiger Zeit wurde mir bewusst, dass ich sie durch Holzschnitt in die dritte Dimension verwandeln konnte. Also zeichnete ich mit einer dickeren Mine auf Holzplatten und schnitt die Linien ins Holz.

Mit diesen Druckstöcken und Büttenpapier entstehen Prägedrucke und ich kann dadurch von einer Zeichnung mehrere Prägungen, also eine Auflage fertigen.

Durch die entstehenden Räume und die Farbigkeit entsteht eine starke Verbindung zu meinen Moltonobjekten.

Vor einigen Jahren hatte ich bei Zen Meditationen die intensive Erfahrung von Visionen gemacht. Ich sah immer wieder vollkommen weiße Landschaften und Architektur in großartiger Schönheit.

Ich empfand es wie eine Innenschau zur eigenen göttlichen Kraft. Da alles in diesem Universum Schwingung ist, sind die so aufgezeichneten Linien korrespondierende Botschaften, weil es mir nur dann möglich ist, so zu zeichnen, wenn ich unbeschwert bin.

Woodcuts

„As inside, so outside; as outside, so inside“ Principle of Correspondence.

Maybe this principle permits to bring joy, love, and ease to our world when I’m drawing, in a contented and grateful condition, pictures or lines which I can see with closed eyes.
This thought doesn’t let me go.

In 2019 I started to draw intuitively on a regular basis in the evening, in the dark, shortly before going to bed. I saw lines that changed continuously, but sensed very precisely which ones I had to draw and felt a deep joy and felicitousness in doing this.

‚Enchanting‘ drawings with pencil on paper came into being. After a while I became aware of the fact that I could transform them into third dimension by using the technique of woodcutting. So I drew with a thicker lead on wood plates and cut the lines into the wood.

With these printing plates and laid paper arise embossed printings and I am able to manufacture several embossings out of one drawing, hence an edition.

The created spaces and the chromaticity depict a strong connection to my molleton objects.

Some years ago, I intensively experienced visions. Again and again I saw entirely white landscapes and architecture of magnificent beauty.

I perceived it like an introspection towards my own divine power. Because everything in this universe is oscillating, the sketched lines serve as corresponding messages; since to me it is only possible to draw like this when I am unburdened.